Vorstellung Chevrolet Orlando: ?Bowtie?-Van im Crossover-Look

Ob es anderen auch so geht? – Begegnen mir Autos mit dem Chevrolet-Logo, dem „Bowtie“ (als Schleife oder Gürtelschnalle zu deuten), wecken sie noch immer auch die Erinnerung an die koreanische Marke Daewoo. Zwar gehören Nexia und Espero, die Importstarter der Marke, längst zum alten Eisen, das nur noch selten auf deutschen Straßen zu sehen ist, aber spätere Daewoo-Modelle – Nubira, Lanos, Kalos und Matiz – sind vergleichsweise zahlreich unterwegs. Zunehmend allerdings mit anderem Markenzeichen; als Chevrolet mit „Bowtie“-Logo, eine Folge der mehrheitlichen Übernahme des koreanischen Automobilherstellers durch General Motors im Jahr 2002. Dieser Deal sollte GM in erster Linie einen besseren Zugang zu Automärkten in Asien verschaffen.

Mittlerweile wurde die Chevrolet-Palette in Gestalt von Spark, Aveo, Lacetti, Nubira, Cruze, Orlando und Captiva aufgemöbelt. Frischen Wind ins Segment der Famlien-Vans soll der neue Orlando bringen. Nach Anhaltspunkten dafür, inwieweit das gelingen könnte, fahndeten jetzt bei der Fahrvorstellung des Autos in der Region Frankfurt/M. genau 100 eingeladene Journalisten – symbolische Anspielung auf „100 Jahre Chevrolet“. Mit gebührender Hingabe dürfte dieses Jubiläum aber erst im November gefeiert werden, war doch die Grundsteinlegung für die Chevrolet Motor Car Company am 3. November 1911 vorgenommen worden. Nur sieben Jahre später hatte General Motors bei Chevrolet die Finger im Spiel. Die damaligen GM-Oberen wussten, was sie taten. Schon 1927 baute Chevrolet mehr als eine Million Autos. Heute verkauft die viertgrößte Automarke weltweit alle sieben Sekunden einen Chevrolet!

Im Jubiläumsjahr wird es sieben neue bzw. grundlegend überarbeitete Modelle geben. Die Krönung des automobilen Fortschritts der hundertjährigen Marke dürfte das Elektrofahrzeug Chevrolet Volt übernehmen. Von Chevrolet freilich sollte im Jubiläumsjahr nicht die Rede sein, ohne nicht auch die automobilen Powerriegel Corvette und Camaro zu erwähnen, jene faszinierenden amerikanischen Autos, die auf ihre Weise Autogeschichte schrieben. Mancher Umweltpolitiker würde die V8-Boliden nur allzu gern auf die Abschussliste setzen.

Orlando! Viel vorgenommen hat sich Chevrolet mit diesem Van, dessen stattliche Abmessungen nicht so recht verstehen lassen, warum man bei Chevrolet von einem Kompakt-Van spricht. Das sind die Fakten: 4,65 Meter Länge, 1,83 Meter Breite, 1,63 Meter Höhe, 2,76 Meter Radstand. XXL-Größe also. Sie darf doch wohl höhere Ansprüche stellen. Offenbar legt Chevrolet beim Orlando amerikanischen Maßstab an. Man ist größere Vans gewöhnt.

Dank der dritten Sitzreihe finden bei Bedarf sieben Personen Platz. Die beiden Einzelsitze im Heck sind Serienausstattung, keine Option. Gleich angemerkt: Ein als Siebensitzer genutzter Orlando lässt den verbleibenden Raum für Gepäck auf spärliche 89 Liter schwinden. Eine Nische, mehr nicht. Bei anderen Siebensitzern geht es allerdings ähnlich bescheiden zu. Als Fünfsitzer bleibt ein Gepäckraumvolumen von 454 Litern (bis Fensterkante) erhalten, und 852 Liter Volumen sind bei umgeklappter dritter und zweiter Sitzreihe zu gewinnen. Maximales Ladevolumen: 1.499 Liter.

Die Konturen des Außendesigns lassen einen Orlando auffallend lang erscheinen, wenn der Blick der niedrigen Dachlinie folgt. Sein Auftritt legt den Schluss nahe, dass er eigentlich halb Van und halb Crossover ist. Er macht einen robusten, muskulösen Eindruck. Chevrolet hält ihn für „eine erfrischende Alternative“ zu derzeit angebotenen Familien-Vans. Daran kann sein „body-in/wheels-out“-Design, so die holprige offizielle Bezeichnung, durchaus beteiligt sein. Anspielung auf die markant ausgebildeten Radläufe.

Seine Fahrdynamik bleibe „ohne Kompromisse“, geben Chevrolets Marketingleute ihrem neuen Van als Kompliment mit auf den Weg. Das Fahrwerk, der Orlando baut auf der Kompaktlimousine Cruze auf, zeige sich „sportlich, ohne hart zu sein“. Solchem Urteil kann man sich nähern. Holprige Straßen, denen der Winter offensichtlich arg zusetzte, nimmt das Fahrwerk allerdings auffällig polternd hin. Daran beteiligt sind nicht die McPherson-Federbeine vorn. Geräusche macht offensichtlich die Verbundlenkerachse hinten, der es an konzeptioneller Raffinesse zu mangeln scheint. Ähnliche Fahrwerke aus dem Hause GM sind aufwendiger ausgefallen.

Motorisch haben die beiden bei der Fahrvorstellung bewegten Orlando-Varianten unterschiedlich überzeugt. Fragen in Sachen Ökonomie wirft der Benziner auf. Das 1,8-Liter-Triebwerk, das 104 kW/141 PS bei 6.200/min und ein Drehmoment bei 3.800 U/min aktiviert, soll laut offizieller Angabe im Durchschnitt 100 Kilometer mit 7,3 Liter Super bewältigen (CO2: 172 g/km). Die im Großraum Frankfurt eingeschränkte, stauintensive Automobilität ließ den Kraftstoffverbrauch bei einer kaum einstündigen Ausfahrt laut Bordcomputer noch über 11 l/100 km klettern. Das Drehzahl-fördernde Fünfgang-Handschaltgetriebe erweist sich nicht als Haushaltshilfe. Sechs Gänge wurden lediglich den durchzugsfreudigen Selbstzündern spendiert. Kurzum: Überzeugende Vorzüge des Benziners erschlossen sich während der einstündigen Testwagen-Bekanntschaft nicht.

Der Umgang mit dem rund 20 PS stärkeren Common-Rail-Diesel ließ vom Start weg erkennen, dass der Selbstzünder seine Aufgabe überzeugender erfüllt. Die spürbar bessere Durchzugskraft macht den Turbodiesel ebenso sympathisch wie dessen zurückhaltendes Arbeitsgeräusch. Der Selbstzünder mit 2.0 Liter Hubraum wird in zwei Leistungsstufen angeboten: mit 120 kW/163 PS bei 3.800/min (max. Drehmoment: 360 Nm bei 2.000/min) oder 96 kW/130 PS bei 3.800/min (max. Drehmoment: 315 Nm bei 2.000/min). Statt des serienmäßigen Sechsgang-Handschaltgetriebes, das sich willig schalten lässt, kann beim stärken Typ eine Sechsgang-Automatik gewählt werden.

Beiden Dieselvarianten wird offiziell ein Durchschnittsverbrauch von 6 l/100 km attestiert; dementsprechend sind auch die CO2-Emission identisch: 159 g/km. Die erreichbare Höchstgeschwindigkeit ist mit 195 km/h bzw. 180 km/h angegeben.

Seit Oktober vergangnen Jahres wird der neue Familienvan Orlando im südkoreanischen Chevrolet-Werk von General Motors gebaut. Im März kommt er in Europa in den Verkauf. Einstiegspreis: 18.990 Euro. Stolz zeigt man sich bei Chevrolet nicht zuletzt angesichts des erreichten Preis-Leistungs-Verhältnisses, das bei Van-Interessenten sicher gut ankommen werde. Spätstarter Orlando kann davon profitieren.

    Siehe auch:

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